Geburtsfisteln

fistelnGeburtsfisteln (Perforation der Gebärmutter während der Geburt) können – genau wie hohe Müttersterblichkeitsraten – vermieden werden.

Betroffen sind vor allem Mädchen und junge Frauen, deren Becken noch nicht zur Gänze ausgewachsen und noch sehr schmal ist. Steckt das Kind zu lange im Geburtskanal fest, wird die Blutversorgung durch den, oft über mehrere Tage lang ausgeübten, Druck unterbrochen und das Gewebe zwischen Vagina und Blase (engl. Bladder) und/oder zwischen Vagina und Darm (engl. Bowel) stirbt langsam ab (siehe Bild). Ist das Gewebe einmal abgestorben, ist die betroffene Frau nicht mehr in der Lage ihren Urin oder Stuhl zu halten und dieser tritt unkontrolliert durch die Vagina aus.

Geburtsfistel_grafikZu frühe Mutterschaft ist der Hauptgrund für Fistelbildung. Mangelernährung und Unterversorgung der Mutter sowie Genitalverstümmelung sind nach der Teenagerschwangerschaft häufige Gründe für Geburtsfisteln. Der niedrige soziale Status von Frauen in manchen Regionen der Welt verhindert den Zugang zu medizinischen Leistungen, die einer Genitalfistel vorbeugen können.

Soziale Exklusion verursacht neben den körperlichen Leiden starke seelische Schmerzen. Die betroffenen Frauen riechen in der Folge der Geburtsverletzungen nach Urin und/oder Stuhl und werden häufig aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. So kann es vorkommen, dass Frauen, die in jungen Jahren eine Geburtsfistel erleiden, jahrelang am Rande der Gesellschaft (manchmal sogar versteckt) leben müssen.

Fehlendes Wissen

Häufig sind den Mitmenschen und der Betroffenen selbst die Gründe der Genitalfistel und die Möglichkeit einer Heilung nicht bekannt. Dieser Umstand verschärft die Stigmatisierung der betroffenen Frauen und begünstigt die Mythenbildungen, wie zum Beispiel Frauen hätten die Leiden der Geburtsfistel selbst verschuldet.

Fehlendes Wissen und Bewusstsein führen auch dazu, dass die Dunkelziffer der betroffenen Frauen enorm hoch ist. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leiden 2 Millionen Mädchen und Frauen unter den Folgen der Geburtsfisteln. Jährlich kommen geschätzte 100.000 neue Fälle hinzu.

Eine Geburtsfistel kann in einer, für lokale Verhältnisse relativ teuren, Operation (rund 200 Euro) saniert werden, sodass die Patientin danach in den meisten Fällen beschwerdefrei leben kann. Zuerst muss eine betroffene Frau aber von einer Klink erfahren, die sie sachgemäß und finanziell leistbar behandeln kann. Dann stellt sich die Herausforderung, diese Klinik zu erreichen. Denn gerade in ländlichen Gebieten in Entwicklungsländern können große Distanzen zur nächsten Stadt unüberwindbare Hindernisse sein.

Nach einer erfolgreichen Rekonstruktion ist die Wiedereingliederung in die Gesellschaft eine große Herausforderung. Denn nach jahrelangem sozialem Ausschluss ist die Reintegration in die Gemeinde äußerst schwierig. Entwicklungs- und staatliche Projekte unterstützen sanierte Fistelpatientinnen, indem sie die betroffenen Frauen Handwerke lehren, um deren ökonomische Unabhängigkeit zu begünstigen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

Präventions- und Bildungsarbeit kann viel Leid ersparen

Zugang zu Informationen über Familienplanung, zu Verhüttungsmittel, zu medizinischer Versorgung während der Schwangerschaft und Wissen über Ursachen der Geburtsfistel können sehr viele körperliche und seelische Schmerzen verhindern. Um Genitalfisteln zu vermeiden ist es wichtig, dass Mädchen nicht schon im Teenageralter schwanger werden. Dafür benötigen sie einerseits Wissen über und Zugang zu Verhütungsmitteln, andererseits muss ihr sozialer Status es ihnen erlauben, den Zeitpunkt ihrer Schwangerschaften selbst zu bestimmen. Daher ist es unerlässlich, auch Eltern, Männer und Ehemänner in die Bewusstseinsbildung einzubeziehen.

Foto: Petra Bayr